Friedensnobelpreis 1912: Elihu Root

Friedensnobelpreis 1912: Elihu Root
Friedensnobelpreis 1912: Elihu Root
 
Der amerikanische Politiker erhielt den Nobelpreis für seinen Einsatz für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit und für den Frieden in Lateinamerika.
 
 
Elihu Root, * Clinton (New York) 15. 2. 1845, ✝ New York 7. 2. 1937; 1899-1904 Kriegsminister, 1905-09 Außenminister, 1909-15 US-Senator, 1910-24 Präsident der Carnegie-Stiftung für internationalen Frieden.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Als der amerikanische Präsident Theodore Roosevelt den Friedensnobelpreis von 1906 erhielt, hieß sein Außenminister Elihu Root. Sechs Jahre danach wurde Root seinerseits mit dem begehrten Preis ausgezeichnet. Im gleichen Jahr 1912 wurde Woodrow Wilson zum Präsident der Vereinigten Staaten gewählt, der wiederum Friedensnobelpreisträger von 1919 war. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Elihu Root bereits lange aus der aktiven Politik verabschiedet. 1912 aber ehrte das Nobelpreiskomitee mit Root einen Politiker, dessen Karrierestufen und Überzeugungen auf das Engste mit denen des 13 Jahre jüngeren Theodore Roosevelt verbunden gewesen sind, der in eben jenem Jahr 1912 Wilson bei den Präsidentschaftswahlen unterlag.
 
Von Haus aus sehr begütert machte der strebsame Root in seiner Heimatstadt New York rasch Karriere als Anwalt. Bald engagierte er sich aktiv für die republikanische Partei. 1898 unterstützte er Roosevelt bei dessen erfolgreicher Kandidatur für das Amt des Gouverneurs von New York. 1899 wurde Root Kriegsminister im Kabinett des republikanischen Präsidenten William McKinley. Diese Position behielt Root auch nach der Ermordung McKinleys (1901) unter dem neuen Präsidenten Theodore Roosevelt.
 
Roosevelts Außenpolitik zielte auf ein politisch und militärisch starkes Amerika ab. In seinem Kriegsminister Root fand er bei diesen Bestrebungen einen eifrigen Helfer. Die US-Streitkräfte wurden erheblich vergrößert. Einen Schwerpunkt der Aktivitäten der Roosevelt-Administration bildeten Mittel- und Südamerika. Nach dem amerikanisch-spanischen Krieg von 1898 waren die ehemaligen Kolonien der Spanier wie Kuba und Puerto Rico unter die Militärverwaltung der USA gekommen. Im Einklang mit den Vorstellungen des Präsidenten bemühte sich der Kriegsminister, den Einfluss der USA in der Region zu stärken. Zu der dabei verfolgten Strategie gehörte es auch, die lateinamerikanischen Staaten durch die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse enger an die USA zu binden.
 
Erst als Außenminister der Roosevelt-Regierung steuerte Elihu Root einen Kurs, der mehr in Richtung Frieden und Konfliktvermeidung ging. Auch dies entsprach freilich der Politik des Präsidenten, die Position der USA als einer Weltmacht zu festigen. Verdienste erwarb sich Root als amerikanischer Verhandlungsführer bei der Beilegung mehrerer internationaler Konflikte. So brachte er eine Vereinbarung mit England wegen der Fischereirechte im Nordatlantik zustande, und mit Kanada konnte eine Regelung in Grenzfragen herbeigeführt werden. Mit Japan kam Root 1907 zu einer Übereinkunft wegen des Problems der massenhaften Einwanderung von Japanern in die USA.
 
Das Hauptaugenmerk Roots als Außenminister galt aber Mittel- und Südamerika. Hier strebte er Lösungen an, die dauerhaft geeignet waren, dem Kontinent — selbstverständlich unter der Führung der USA — Frieden und Sicherheit zu bringen. Auf dem 3. Panamerikanischen Kongress in Rio de Janeiro (1906) versprach er den lateinamerikanischen Staaten Unabhängigkeit und Souveränität. 1907 organisierte er mit Unterstützung der Mexikaner in Washington einen mittelamerikanischen Friedenskongress. Ergebnis war die Einrichtung eines ständigen Schiedsgerichtshofs für die mittelamerikanischen Staaten, der im Jahr darauf in Costa Rica seine Arbeit aufnahm.
 
Dieses Engagament in Lateinamerika ist es vor allem gewesen, welches das Nobelpreiskomitee veranlasste, den Friedensnobelpreis von 1912 an Elihu Root zu vergeben. Ausgezeichnet wurde aber auch sein Einsatz für eine über den amerikanischen Kontinent hinausgehende internationale Schiedsgerichtsbarkeit. Wieder folgte Root hier seinem großen Vorbild Roosevelt, der sich als Präsident für die friedliche Beilegung von internationalen Streitfällen vor einem ständigen Gerichtshof eingesetzt hatte. In dem Haager Schiedsgerichtshof fand diese Idee schließlich ihre konkrete Umsetzung. Noch als Außenminister gehörte Root zu den Teilnehmern der Zweiten Haager Friedenskonferenz von 1907. Zwei Jahre später schied er aus dem Kabinett Roosevelt aus und war bis 1915 als US-Senator tätig. Seine Friedenspolitik führte er auch in dieser Eigenschaft fort. 1910 setzte er sich, allerdings vergeblich, für eine neue Haager Friedenskonferenz ein. Er wurde nun ständiges Mitglied des Haager Schiedsgerichtshofs und war zeitweilig sogar dessen Präsident. Darüber hinaus leitete Root seit 1910, mittlerweile 65 Jahre alt, die von ihm mitbegründete »Amerikanische Gesellschaft für internationales Recht«. Deren satzungsgemäße Aufgabe bestand darin, die »Errichtung internationaler Beziehungen auf der Grundlage von Recht und Gesetz zu fördern«. Noch im selben Jahr übertrug ihm der amerikanische Industrielle und Mäzen Andrew Carnegie die Leitung der von ihm gegründeten Stiftung für internationalen Frieden. Von dieser Position zog er sich erst 1924, im Alter von fast 80 Jahren, zurück.
 
Getrübt sehen manche Historiker das Bild des Friedenspolitikers Elihu Root durch dessen Einstellung zur Haltung der USA im Ersten Weltkrieg. Wie sein Mentor Roosevelt stand er der neutralen Politik des demokratischen Präsidenten Woodrow Wilson reserviert gegenüber. Umso mehr begrüßte er den 1917 erfolgten Eintritt der USA in den Weltkrieg. Trotz allen Engagements für den internationalen Frieden war und blieb der ehemalige Kriegs- und Außenminister Verfechter eines starken Amerika. Konsequenterweise gehörte er nach dem Krieg zu den Kräften in den USA, die sich den Plänen Wilsons für die Einrichtung eines Völkerbunds entgegenstellten. Root sah hier die Gefahr, dass die USA ihre außenpolitische Handlungsfreiheit verlieren würden. Gleichwohl beteiligte er sich an Plänen für die Gründung eines Internationalen Gerichtshofs. Und noch 1921 nahm der nun 76-jährige Root an einer internationalen Konferenz zur Rüstungsbeschränkung teil.
 
Mit dieser widersprüchlichen Haltung hängt es zusammen, dass Root heute als Friedenspolitiker weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Und etwas eigenwillig mögen auch die Gedanken erscheinen, die Root nach der Verleihung des Friedensnobelpreises vortrug. Der Krieg, so führte er aus, habe seine Wurzeln in der unzivilisierten Natur des Menschen. Frieden zu stiften liege nicht in den Möglichkeiten der internationalen Gemeinschaft. Eine friedliche Welt könne nur auf natürlichem Wege entstehen, indem die Menschheit der Gräuel von Kriegen überdrüssig würde.
 
H. Sonnabend

Universal-Lexikon. 2012.

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